Kreativangebot
Förderung für junge Gefangene

Um sich den Vollzug einer Jugendstrafe in einer geschlossenen Strafanstalt vorstellen zu können, ist es nötig zu bedenken, dass für die Jugendlichen eine Abgrenzung aus der Gemeinschaft mit Rückzug in eine Zelle die Strafe an sich ist. Während unter Tag Gemeinsamkeit zu den Mahlzeiten, auf der Arbeit, in Schule oder Sport erlebbar ist, haben die Jungens nach 18 Uhr allein auf Zelle zu sein. Diese Jugendlichen haben nicht die Fähigkeit ausgebildet, Rückzugsmöglichkeiten – auch wenn sie verordnet sind – zum Aufbau oder Erweiterung ihrer persönlichen Entwicklung zu nutzen. Ihre starken Gefühle wie Wut oder Verlassenheit, Enttäuschung oder Versagensängste, ihre Sehnsüchte nach Verständnis, Vertrauen, ja Liebe überschwemmen sie in der Einsamkeit der Zelle. Der Rockenberg-Verein bietet mit seinen Angeboten zu kreativer Beschäftigung Möglichkeiten, diesen „leeren Raum“ in der Zelle zu füllen.

Kunst im Knast
Dieses Projekt unter der Leitung einer Kunstpädagogin reicht von der Specksteingestaltung übers Papierschöpfen bis hin zum Zeichnen, Malen und Modellieren.
Durch den Umgang mit der Kunst entdecken die Straffälligen ihre kreativen Potenziale und lernen, dass es in der Kunst wie im wirklichen Leben immer Möglichkeiten gibt, gestaltend tätig zu werden. Die jugendlichen Teilnehmer gewinnen an (Selbst-)Vertrauen, Zuversicht und Mut, wenn sie ihre Fähigkeiten zum künstlerischen Ausdruck erfahren. Die Arbeiten werden, wenn möglich, am Ende in einer Ausstellung vorgeführt. Dieser Abschluss mit einer Präsentation der eigenen „Werke“ in der Anstalt bedeutet für die jungen Gefangenen einen Zuwachs an Autonomie und Stolz und erfüllt ihr Leben mit neuen Ausdrucksmöglichkeiten.
Aktion Sorgenkind
In diesem Zusammenhang war die Anerkennung der Förderungswürdigkeit unserer künstlerischen Projekte im Jahr 1989 durch die Aktion Sorgenkind ein großer Schritt. Bedeutete dies doch, dass zum ersten Mal die depravierten straffällig gewordenen Jugendlichen als „Sorgenkinder“ eingestuft wurden.
Das von der Aktion Sorgenkind genehmigte zweijährige Projekt „Kunst als soziales Training“ (1989-1990) war eine besondere Anerkennung unserer Arbeit, den Jugendlichen Strafgefangenen „Kreativität“ zu vermitteln. Die gewährten Mittel betrugen DM 39 000,-. Dafür waren 3 diplomierte Kunsterzieher der Universität Gießen 2 Jahre angestellt, um mit 6–8 besonders auffälligen Jugendlichen künstlerisch zu arbeiten. Vor allem wurden Arbeiten in Ton und Stein oder in Photographie ausgeführt. Das „soziale“ Training fand sozusagen „in doing“ statt. Jede Ermüdung, jede Auseinandersetzung mit Mensch oder Material wurde aufgearbeitet. Der Umgang mit defizitären Jugendlichen erfordert größten pädagogischen Einsatz. Um sie bei der Stange zu halten, die Unlust, den Frust zu nehmen sind Motivation, Animation und Geduld notwendig, ebenso wie Lob und Zuspruch, um ein Gefühl des Versagens nicht aufkommen zu lassen. Das Projekt konnte wegen fehlender Mittel nicht fortgeführt werden.
Musik
Das Interesse der Jungens am Erlernen des Gitarre-Spielens wird vom Verein immer wieder gefördert. So wurden wiederholt Gitarren finanziert – der Verschleiß ist natürlich groß.
Theater
Ein großes Wagnis und später ein großer Erfolg war das Einüben des Theaterstücks „Peter Squentz“ von Andreas Gryphius und des „Kleinen Prinzen“ von Saint Exupery in den Jahren 1987 und 1988. Dem besonderen Einsatz der Theaterpädagogin Dorothea Bühring, jetzt in Berlin, war es zu verdanken, dass sich trotz aller Unkenrufe die Jungens in mühseliger Kleinarbeit sich die Texte aneignen und sprechen lernten, dass sie Kulissen und Kostüme selbst anfertigten, das Stück mit vollem Erfolg aufführen konnten und schließlich ausgewählt wurden, bei den Frankfurter Schultheatertagen mitzuwirken.
In der Folgezeit scheiterten jedoch weitere Theaterversuche, da sich Konzentrations- und Teamfähigkeit der jungen Gefangenen verschlechtert hatten. Der Zeitaufwand des Einübens war nicht mehr finanzierbar, daher gaben wir dieses Projekt auf.